Was ist die Forderungs-Rückzugsdynamik?
Die Forderungs-Rückzugsdynamikist ein Muster, bei dem eine Person in der Beziehung (meist unbewusst) Nähe, Klärung oder Veränderung einfordert, während die andere Person sich zurückzieht, um Konflikt oder emotionale Überforderung zu vermeiden. Das sieht zum Beispiel so aus:
- Person A: „Wir müssen reden. Es kann nicht so weitergehen.“
- Person B: „Jetzt nicht. Du übertreibst mal wieder.“
- Person A: Wird lauter, emotionaler, eindringlicher.
- Person B: Macht dicht, weicht aus, sagt gar nichts mehr oder verlässt die Situation.
Das Ergebnis? Beide fühlen sich unverstanden, bedroht – und gleichzeitig noch weiter voneinander entfernt als vorher.
Warum passiert das?
Sehr einfach: Jeder versucht, sich emotional zu schützen.
- Die fordernde Person sucht Nähe, um Unsicherheit zu regulieren: „Wenn wir reden, kann ich mich sicher fühlen.“
- Die rückziehende Person sucht Distanz, um emotionale Überwältigung zu vermeiden: „Wenn ich mich entziehe, bleibt es wenigstens ruhig.“
Das ist wie ein schlecht synchronisiertes Tanzpaar: Je stärker einer zieht, desto mehr geht der andere zurück. Und je mehr er zurückgeht, desto mehr zieht der andere – bis irgendwann keiner mehr tanzt, sondern nur noch kämpft oder schweigt.
Was macht das mit Partnerschaften?
Kurz gesagt: Es zerstört Vertrauen, Nähe und Verbundenheit – die Grundpfeiler jeder glücklichen Beziehung.
- Der Fordernde fühlt sich abgelehnt, verzweifelt und zunehmend machtlos.
- Der Rückziehende fühlt sich überfordert, eingeengt und ständig unter Beschuss.
Auf Dauer entsteht ein Kreislauf aus Entfremdung, Schuldzuweisungen und innerer Kündigung. Viele Paare scheitern nicht am eigentlichen Problem, sondern an diesem Muster.
Wie lässt sich die Dynamik auflösen?
Erkennen, dass es ein Muster ist – kein böser Wille Das Erste und Wichtigste: Verstehen, dass weder du noch dein Partner „schuld“ seid. Es geht um emotionale Schutzstrategien. Sobald ihr das Muster gemeinsam erkennt, könnt ihr anfangen, es gemeinsam zu verändern. Sprache verändern
- Statt: „Warum redest du nie mit mir?“ Lieber: „Ich merke, wie sehr ich mir gerade Verbindung wünsche – hast du Raum für ein Gespräch?“
- Statt: „Du nervst mich mit deinem ständigen Gerede!“ Lieber: „Ich merke, dass ich gerade Abstand brauche, um meine Gedanken zu sortieren.“
Respektvolle Ich-Botschaften entschärfen die Situation und geben beiden Seiten Raum.
Gefühle unter dem Verhalten erkennen
Hinter Forderung steckt oft Angst vor Verlust. Hinter Rückzug steckt oft Angst vor Überforderung. Diese verletzlichen Gefühle offen auszusprechen, kann Wunder wirken. Beispiel:
- „Ich wirke vielleicht fordernd, aber eigentlich habe ich Angst, dir egal zu sein.“
- „Ich ziehe mich zurück, weil ich nicht weiß, wie ich mit deinen Gefühlen umgehen soll – nicht, weil du mir egal bist.“
Die Forderungs-Rückzugsdynamik ist wie ein emotionaler Tanz, bei dem keiner gewinnen kann, solange beide in ihren Rollen bleiben. Aber sobald ihr euch bewusstwerdet, was da passiert – und warum – könnt ihr anfangen, einen neuen Tanz einzustudieren: Einen, der auf Verständnis, Klarheit und echter Nähe basiert.
Also: Statt immer weiter zu ziehen oder zu fliehen – wie wäre es mit innehalten, hinschauen, und neu beginnen? Eure Beziehung wird es euch danken.
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