Die Kinder- und Jugendpsychiatrie versucht, auf solche Fragen Antworten zu finden. Und nein, das läuft nicht wie in einem Krimi, bei dem am Ende ein Täter überführt wird – sondern wie in einer Spurensuche, bei der viele Puzzleteile zusammengesetzt werden. Ein wichtiges Hilfsmittel ist dabei die ICD-10, die internationale Klassifikation von Krankheiten. Drei Kapitel spielen besonders oft eine Rolle: F7 (Intelligenzstörungen), F8 (Entwicklungsstörungen) und F9 (Verhaltens- und emotionale Störungen).
F7 – Intelligenzstörungen: Wenn Lernen zur echten Hürde wird
Ein Junge kommt in die Praxis, 10 Jahre alt, freundlich, aber zurückhaltend. In der Schule kämpft er mit Aufgaben, die seine Klassenkameraden längst selbstverständlich bewältigen. Bei einem Intelligenztest zeigt sich: Er denkt und versteht auf einem jüngeren Entwicklungsniveau. So etwas wird unter F7 erfasst. Aber hier geht es nicht nur um Zahlen und IQ-Werte, sondern um die Frage: Wie kommt das Kind im Alltag zurecht? Kann es sich selbst anziehen, den Bus nehmen, Freundschaften pflegen? Die Diagnostik schaut also auch in die Lebenswelt – denn ein IQ allein sagt wenig darüber, wie lebendig, humorvoll oder kreativ ein Kind sein kann.
F8 – Entwicklungsstörungen: Wenn einzelne Bereiche stolpern
Nicht jedes Kind entwickelt sich gleichmäßig. Manche sprechen kaum, obwohl sie schon fünf sind. Andere haben große Mühe, das Lesen oder Rechnen zu lernen. Und wieder andere wirken, als ob sie „auf einer ganz eigenen Frequenz“ unterwegs sind – typisch bei Autismus-Spektrum-Störungen. Die F8-Diagnosen betreffen solche umschriebenen Entwicklungsbereiche. Hier wird getestet, beobachtet und verglichen: Wie ist das Sprachverständnis? Wie klappt die Motorik? Kann das Kind Kontakt aufnehmen? Besonders spannend sind die tiefgreifenden Entwicklungsstörungen wie Autismus. Ein Beispiel: Ein Kind, das jeden Tag akribisch seine Spielzeugautos nach Farben sortiert, aber kaum Blickkontakt hält. Für die Eltern wirkt das Verhalten rätselhaft. Die Diagnostik versucht, das Muster zu verstehen – mit Beobachtungen, standardisierten Interviews und viel Geduld.
F9 – Verhaltens- und emotionale Störungen: Wenn Gefühle Achterbahn fahren
Dann gibt es die Kinder, die kaum stillsitzen können, die ständig dazwischenrufen oder die Hausaufgaben im Chaos versinken lassen. ADHS ist hier die bekannteste Diagnose. Aber auch Ängste oder aggressive Verhaltensweisen gehören in dieses Kapitel. Eine typische Szene: Ein Mädchen, das plötzlich panisch weint, wenn es morgens zur Schule soll. Die Mutter verzweifelt, weil sie denkt: „Sie will einfach nicht.“ Doch in Wirklichkeit steckt eine Trennungsangst dahinter – eine ernstzunehmende emotionale Störung, die im Alltag große Belastungen bringt. Hier helfen Fragebögen, Gespräche mit Lehrern und natürlich die genaue Beobachtung. Spannend ist oft die Unterscheidung: Wo hört „normale Lebhaftigkeit“ auf, und wo beginnt eine Störung, die gezielte Unterstützung braucht?
Zusammenfassung
Diagnostik in der Kinder- und Jugendpsychiatrie ist eine Mischung aus Detektivarbeit, Empathie und Fachwissen. Die Kapitel F7, F8 und F9 geben einen strukturierten Rahmen, aber der eigentliche Kern liegt darin, jedes Kind in seiner Einzigartigkeit zu sehen. Oder, wie ein kleiner Patient einmal sagte, nachdem er gefragt wurde, warum er wohl so viele Tests machen müsse: „Na, damit ihr mich besser versteht!“ – Und genau darum geht es. Wer sich mit der Diagnostik in der Kinder- und Jugendpsychiatrie beschäftigt, merkt schnell: Es ist ein Feld voller Fachbegriffe, Testverfahren und Einordnungen. Damit der Einstieg nicht überfordernd wirkt, braucht es eine klare Grundlage.
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