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Elementarfunktionen sicher merken - Grundlage für die differenzialdiagnostische Orientierung

Ein fundiertes Verständnis der Elementarfunktionen ist essentiell für die (Differenzial-) Diagnostik im psychotherapeutischen Kontext – das gilt auch für die Überprüfung zum Heilpraktiker für Psychotherapie. Die nachfolgende Einteilung in drei klar voneinander abgegrenzte Gruppen bietet Dir eine wertvolle Strukturierungshilfe, mit der Du Symptome systematisch zuordnen und differenzialdiagnostisch einordnen kannst.

Gruppe 1: “Organisch” – BOA

Diese erste Gruppe umfasst Symptome, die typischerweise bei organisch bedingten (F0) und substanzinduzierten (F1) Störungen auftreten. Die Merkhilfe BOA steht für:

  • Bewusstseinsstörungen: Reduzierte Wachheit, veränderte Bewusstseinsklarheit oder Bewusstseinsveränderungen treten z. B. beim Delir, bei fortgeschrittener Demenz oder bei Substanzintoxikationen auf.
  • Orientierungsstörungen: Zeitliche, örtliche, situative oder persönliche Desorientierung ist ein Leitsymptom bei organischen Störungen.
  • Aufmerksamkeit und Gedächtnis: Einschränkungen in der Konzentration, dem Kurzzeit- oder Langzeitgedächtnis legen nahe, zunächst organische oder substanzbezogene Ursachen auszuschließen.

Diese Merkhilfe hilft also bei der Einordnung grundlegender Störungen des Erlebens, die häufig als erste Hinweise auf eine F0- oder F1-Erkrankung erscheinen.

Ausnahmehinweis: Auch bei anderen psychischen Störungen können einzelne Symptome aus der BOA-Gruppe vorkommen – zum Beispiel eine Konzentrationsstörung bei ADHS oder eine verringerte Aufmerksamkeit bei manischen Zuständen. Dennoch gilt: Wenn eines dieser Symptome auftritt, sollte differenzialdiagnostisch zunächst immer abgeklärt werden, ob eine organische (F0) oder substanzinduzierte (F1) Ursache vorliegt.

Gruppe 2: “Psychotisch” – Das Weiß Ich

Die zweite Gruppe bezieht sich auf Symptome, die typischerweise bei psychotischen Störungen auftreten. Psychotische Symptome gibt es in den Kategorien von F0 bis F3. Neben den schon benannten Kategorien F0 und F1, in denen alle Arten von Symptomen auftreten können, kommen hier noch die F2 (Schizophrenie, schizotype und wahnhafte Störungen) und F3 (affektive Störungen) hinzu. Die Eselsbrücke „Das Weiß Ich“ hilft Dir, drei zentrale Elementarfunktionen psychotischer Störungen zu behalten:

  • Denken: Formale Denkstörungen (z. B. Gedankenabreißen, zerfahrenes Denken) sowie inhaltliche Denkstörungen (z. B. Wahnideen).
  • Wahrnehmung: Vor allem Halluzinationen, aber auch andere Sinnestäuschungen sind charakteristisch.
  • Ich-Störungen: Entfremdungserleben, Gedankenausbreitung oder das Gefühl des Fremdgesteuertseins deuten auf Ich-Störungen hin.

Abgrenzung und Hinweis: Diese Symptome grenzen psychotische Störungsbilder klar von nicht-psychotischen ab. Das heißt, wenn psychotische Symptome vorliegen, müssen wir differentialdiagnostisch nur noch in den Kategorien F0 bis F3 schauen. Umgekehrt haben aber nicht alle Störungsbilder in diesen Kategorien auch psychotische Symptome. So haben Demenzen zum Beispiel selten oder erst im Spätstadium psychotische Symptome oder auch eine Depression tritt häufiger ohne Psychose auf.

Gruppe 3: “Weitere” – AA und I

Diese dritte Gruppe ist unspezifischer und symptomatisch breiter gefasst. Die Anfangsbuchstaben AA und I stehen für:

  • Affektivität: Emotionale Reaktionsweisen wie depressive Verstimmung, Euphorie oder emotionale Verflachung kommen in fast allen Störungsbildern vor.
  • Antrieb und Psychomotorik: Sowohl Antriebssteigerung (z. B. bei Manie) als auch Antriebshemmung (z. B. bei Depressionen) sind zentrale Beobachtungskriterien. Auch psychomotorische Auffälligkeiten wie Katatonie spielen eine Rolle.
  • Intelligenz: Die kognitive Grundausstattung des Menschen ist insbesondere bei Intelligenzminderungen (F7) betroffen, aber auch bei degenerativen Prozessen wie Demenz können Einschränkungen auftreten. (Hinweis: Die Intelligenz wird heute oft nicht mehr im psychopathologischen Befund als Elementarfunktion behandelt und dementsprechend auch nicht bei jedem Klienten überprüft.)

Hinweis zur diagnostischen Einordnung: Die Funktionen dieser Gruppe sind nicht an spezifische F-Kategorien gebunden. Sie kommen in unterschiedlichster Ausprägung in zahlreichen Störungen vor – und eignen sich daher nur bedingt zur groben Differenzierung. Dennoch sind sie diagnostisch relevant und fließen z. B. in psychopathologische Befunde systematisch ein.

Fazit: Systematik als Grundlage für differentialdiagnostisches Denken

Die Einteilung der Elementarfunktionen in die drei Gruppen – Organisch, Psychotisch und Weitere – erleichtert es, sich die Elementarfunktionen zu merken und Symptome schnell einer passenden F-Kategorie zuzuordnen und differentialdiagnostisch sicher zu argumentieren. Für die Überprüfung zum Heilpraktiker für Psychotherapie stellt dieses strukturierte Wissen eine wertvolle Grundlage dar. Sei Dir aber klar, dass es sich um künstlich ausgedachte Kategorien handelt, das heißt, dass ein Prüfer oder eine Prüferin nicht nach diesen drei Kategorien strukturiert. Außerdem ist es auch wichtig, Dir klar zu machen, dass es immer Ausnahmen gibt, die dieser Einteilung nicht entsprechen.

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David Leutgeb


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