• Wie soziodemografische Daten, aktuelle Lebenssituation, eigene Biografie, Familienanamnese, psychiatrische Anamnese, Krankheitsanamnese, mit Medikamenten, Umgang mit Alkohol, Drogen, Sexualität, Thema Suizidalität …. Das war dann genug für sie.

• Ich nannte zuerst die Aufteilung der Therapie in Anfangsphase – Mitte – Ende der Therapie und beschrieb die Anfangsphase mit den Punkten: sich kennenlernen, mit der Entwicklung einer Beziehung, die Vertrauen und Öffnung ermöglicht.

Dann sollte ich mit der Diagnose auch ein Erklärungsmodell für die dargestellten Beschwerden und Symptomatik mit dem Klienten entwickeln ...

• Um ihm zu vermitteln, dass diese eine behandelbare Erkrankung bedeuten. Das könne ihn entlasten, Hoffnung geben und motivieren, die Behandlung fortzusetzen. Weitere Punkte seien die Entwicklung von Therapiezielen; ein Schwerpunkt auf Ressourcenaktivierung beim Klienten zu setzen, die wichtig seien, um sich auf einen schwierigeren emotionalen Prozess einlassen zu können (wie habe ich was schon hinbekommen); von Anfang an etwas an die Hand zu geben, sich emotional regulieren zu können und Erfolgserlebnisse zu haben; zugleich auch meine therapeutischen Methoden einzusetzen, damit der Klient gleich mitbekommt, wie ich arbeite.

(Mehr fällt mir jetzt nicht mehr ein, was ich noch gesagt habe. Mir ist beim Protokollieren aufgefallen, dass ich die Anfangsphase am ausführlichsten beschrieben habe.)

• Bei der „Mittleren Phase“ habe ich gesagt, dass diese das Kernstück der Therapie sei. Hier gehe es um das Bearbeiten der Beschwerden/Symptome/Veränderungswünsche bzw. tiefere Bearbeiten der Schwierigkeiten (im Hinblick darauf, wohin der Klient will) mit verschiedenen psychotherapeutischen Methoden und das aber im Zusammenspiel mit den Ressourcen, die dem Klienten dabei helfen. Es sollen neue positive Erfahrungen ermöglicht und verfestigt werden (ich kann das) und auch ein Übertragen in den Alltag gewährleistet werden. Die mittlere Phase sei auch eher krisenanfällig, wenn Klienten z.B. bei schwierigen emotionalen Prozessen auf alte Bewältigungsmuster zurückgreifen (wie ein Suchtmittelrückfall z.B.), Motivationskrisen bekommen, da Therapieprozesse ja nicht linear verlaufen, es Rückschritte, Stagnieren geben könne. Und ich müsse im Blick haben, dass durch das Bearbeiten der Probleme andere psychische Störungen auftreten können, wie z.B. dass der Klient psychotisch wird oder suizidal oder dissoziiert usw....

• In der Endphase der Therapie würde es um Beenden und Abschied gehen.

• Ich sagte, dass ich das Ende schon einige Therapiestunden vorher ansprechen würde, damit der Klient sich darauf einstellen und sich auf die restliche Zeit noch fokussieren kann, was er bearbeiten möchte.

Bei dieser Frage stockte ich wieder und wusste nicht genau, was sie meinte.

• Dann fiel mir ein, den Klienten konkret zu fragen, was er noch braucht oder möchte in seiner Therapie.

(Die Prüferin wollte es konkret wissen, wie ich das mache, wie mir im Nachhinein klar wurde.)

• Ich erwähnte, dass Abschied für die meisten Menschen ein schwieriges Thema sei und es passieren kann, dass die Klienten auf alte Verhaltensmuster zurückgreifen, die sie vielleicht zu Beginn der Therapie als Belastung erlebt haben. Für mich als Therapeutin könne das so wirken, als hätten sie gar nichts gelernt oder erreicht in der Therapie und ich müsse einfach damit rechnen, dass das ein möglicher Umgang mit Abschied ist. Ich hätte die Erfahrung gemacht, dass die Klienten, wenn die Therapie gut läuft, viel mehr außen orientiert sind, d.h. weniger sich um ihre Probleme kreisen, mehr davon berichten, was gut gelaufen ist und auch umsetzen wollen. Ihr Gefühl, etwas bewirken zu können, sei viel mehr in den Vordergrund gekommen. Das würde auch in der Endphase der Therapie spürbar sein.

• Beim Wiederholen des Falls, ob ich alles verstanden habe, sollte ich die augenfälligen Symptome benennen. Mir war schnell klar, dass ich diese einer Depression zuordnen würde und sagte das auch und dass ich zur Diagnosefindung auch SOSP abklären müsste (ich brauchte nicht näher, darauf einzugehen).

• Ich sagte ihr, dass die Breite der Symptome zu viel für eine leichte Depression wäre, sie zu viele, ihr Leben einschränkende Symptome hätte. Eine schwere Depression würde auch nicht passen, weil die Frau noch in die Arbeit geht. Ich legte mich auf eine mittelgradige Depression fest.

Daraufhin nickte die Prüferin.

(Ich dachte auch kurz an die 3 Fehlgeburten, die damals vielleicht auch eine depressive Reaktion hervorgerufen haben könnten, ließ den Gedanken aber wieder fallen.)

• Ich sagte ihr, dass ich an ADHS gedacht habe, weil sie sich nicht gut konzentrieren und Dinge nicht zu Ende bringen könne. Die sonstigen Symptome würden aber nicht für eine ADHS-Diagnose reichen. Konzentrationsprobleme und Dinge nicht zu Ende führen können, würden auch bei einer Depression auftreten können (fehlender Antrieb).

• Meine zweite DD wäre eine ängstlich-vermeidende Persönlichkeitsstörung, weil die Klientin berichtet, dass sie schon in ihrer Schulzeit sehr unsicher gewesen sei (es längst so ist) und keine Freunde hatte. Diese DD waren wohl auch ok, weil die Prüferin wieder nickte.

• In diesem Moment habe ich meine Lern Skripte im Kopf, wie man mit Depressiven arbeitet, beiseitegeschoben, merkte, dass diese mir jetzt gar nicht weiterhelfen. Ich habe mir dann die Frau ganz konkret vorgestellt. Was ist da los mit ihr? Wie „tickt“ sie? Was braucht sie? Ich hatte das Bild, dass sie es ihrem Chef unbedingt recht machen will und sie sich wahnsinnig anstrengt, das zu erreichen, aber letztendlich keinen Erfolg damit hat und sich permanent überfordert. Dass sie sich sehr auf ihre Arbeitssituation fokussiert und auf das, was schwierig ist und das, was in ihrem Leben sonst funktioniert, aus dem Blick verloren hat. Diese Überlegungen hatte ich dann auch laut formuliert.

• Ich schlage vor, mit der Klientin ein Erklärungsmodell für ihre Depression zu entwickeln, in dem sie sich wiederfinden kann, weiter ein Selbstsicherheitstraining, die Klientin unterstützen, dass sie sich abgrenzen lernt, damit sie ein Gefühl entwickelt, Einfluss nehmen und etwas bewirken zu können. Ich würde mit ihr darauf schauen, was gut funktioniert und wo sie in ihrem Leben Freude, Genuss und Spaß hat und dies wieder aktivieren. Arbeit sei nur ein Teil ihres Lebens und nicht alles.

• Dann ziehe ich eine Reha/Kur in Betracht, um sich von ihrer Erschöpfung erholen zu können, etwas Abstand zu bekommen und ihr Leben vielleicht zu überdenken. Eine andere Option wäre ja auch, die Stelle zu kündigen.

• Ich würde mit ihr ihre Arbeitssituation einer konkreten Realitätsprüfung unterziehen. Das heißt, mit ihr herausarbeiten, was sie alles unternommen hat, mit ihrer Arbeitssituation klarzukommen, wie z.B. für sich einzutreten, für sich zu sorgen, vielleicht eine andere Arbeitsverteilung vornehmen, … und dann auch anzuschauen, wo ihre Einflussmöglichkeiten begrenzt sind. Chefs könne man nicht ändern, sondern nur sich selbst und wenn das nicht ausreicht, was man gemacht und verändert hat, aus einer nicht veränderbaren Situation herauszugehen. Das sei ja Selbstfürsorge und eine Stärke, diesbezüglich Grenzen zu ziehen und für sich zu sorgen.

Mit meiner Antwort war dann der Fall abgeschlossen.

• Ich zählte den Behandlungsvertrag (mit Einwilligung) auf, Aufklärungs- und Informationspflicht und Dokumentationspflicht und dass ich nach fachlichen Standards behandeln muss.

(Mehr fiel mir nicht mehr ein in dem Moment.)

⇾ Er wies mich darauf hin, dass ich den Klienten sagen muss, dass sie die Therapie selbst zahlen müssen.

Das hatte ich nicht mehr auf dem Schirm im Kontext des Patientenrechtegesetzes. Mir fiel der Switch zwischen Fallbesprechung und jetzt diese Gesetzesfragen und Rahmenbedingungen meiner Arbeit nicht leicht. Ich war emotional recht eingetaucht in den beschriebenen Fall, sodass mir die Antworten auf die Rechtsfragen jetzt nicht so schnell zur Verfügung standen.

• Ich beschränkte mich zunächst auf die F-Kategorien mit der Formulierung, dass ich das nicht behandeln darf, was ärztlich angezeigt ist, z.B. körperliche Erkrankungen oder wenn es Medikamente braucht. Ich dürfe hier nur unterstützend und begleitend tätig sein. Unser Gebiet sei hauptsächlich das von F4. Er wollte dann Beispiele wissen. Mir fiel in dem Moment nur die Manie ein.

• akute Situation, braucht Medikamente ….

Da stand ich echt auf dem Schlauch (und das war ein Schreckmoment!).

Er half mir netterweise darauf und meinte.

Sie haben vorher die F4 genannt, also die neurotischen Störungen. Was gibt es noch?

• Dann fiel es mir ein – na klar, die Psychosen!

Ich nannte, dass ich mich nicht „Psychotherapeutin“ nennen darf, dass ich keine Medikamente empfehlen, verschreiben oder geben darf, keine Drogen (Substitutionsmittel) verabreichen darf.

(Die anderen Verbote brauchte ich gar nicht weiter aufzuzählen, weil schon die nächste Frage kam. )

Gott sei Dank hatte ich mir diese zuvor erneut überlegt bzw. für mich übersetzt.

• Ich sagte dem Prüfer, dass eine gute und tragfähige Beziehung zwischen Therapeutin und Klient wichtig sei. Dass der Klient verstehen lernt, womit seine Erkrankung, seine Symptome zu tun haben, sich in seinem Verhalten, Denken und Reaktionsmustern besser verstehen lernt und einordnen kann. Das würde entlasten, Zuversicht und Hoffnung vermitteln. Dabei sei ebenso wichtig, sich seiner Ressourcen bewusst zu sein (was hat wie funktioniert, was hilft) bzw. diese zu erweitern. Oft sei durch die Beschwerden und Probleme der Blick auf das, was funktioniert, eingeschränkt oder versperrt.
• Ein weiterer Wirkfaktor wäre, dass der Klient über seine Probleme und Schwierigkeiten sprechen kann, sie auf den Tisch legen und sich damit beschäftigen kann (Problemaktualisierung).
• Ein anderer Wirkfaktor wäre, Lösungsmöglichkeiten und einen befriedigenden Umgang für seine Probleme und Lebenssituation zu finden, d.h. dass der Klient sich als wieder wirksam erlebt und Verantwortung für sein Leben übernehmen kann.

Die Antworten waren auch ok.

(Ich hatte in meinem Schreiben an das Gesundheitsamt angegeben, dass ich gestalttherapeutisch arbeiten würde und einen SE-Hintergrund mitbringe und hatte mich mit dieser Frage und was Gestalttherapie ist, noch einmal auseinandergesetzt.)

• Spontan antwortete ich, weil sie sehr lebendig sei und mir das gut gefalle. Ich erwähnte das „Paradox der Veränderung“. Das bedeute, dass ich erst mich verändern kann, wenn ich annehme, was ist, also nicht weg haben will (meist durch Wegdrücken von Gefühlen oder Gedanken ….) und dass ich als Therapeutin einen Rahmen dafür schaffe, in dem die Klienten sich angenommen fühlen mit dem, was sie mitbringen. Das sei ein weiterer Wirkfaktor, die therapeutische Beziehung, die dialogisch ausgerichtet sei und der Experte für die Lösung der Klient selbst sei (organismische Selbstregulation).
• Ein weiterer Wirkfaktor sei die Frage nach dem „Wie“. Das bedeute, zu fragen, WIE mache ich das, dass ich meine Bedürfnisse nicht erfüllen kann, den Gestaltzyklus (als offene Gestalten) nicht abschließen kann? In der Frage nach dem WIE würden Handlungsalternativen drinstecken (statt „warum“ mache ich das so und so?). Die bisherigen Verhaltensweisen seien einmal nützlich gewesen, würden aber jetzt nicht mehr ausreichen. Das soll ein Gefühl für Wahlmöglichkeiten in seinem Erleben und Denken schaffen und dass man Einfluss auf sein Leben nehmen kann. Durch die Arbeit in der Gegenwart (im Hier und Jetzt) würden die Probleme und deren Umgang bewusst gemacht, im direkten Erleben bearbeitet und in einen Lebenskontext eingeordnet (Problemaktualisierung und -lösung).

Mit diesen Antworten war meine Prüfung zu Ende.