Bevor ich in die Rolle einsteige, möchte ich Sie bitten, mir ein paar Informationen zum äußeren Eindruck der Patientin zu geben. Ist sie auffällig gekleidet? Wirkt sie verwahrlost?

Ist sie wach, also bei vollem Bewusstsein?

Hat sie gerötete Augen?

Riecht sie auffällig nach Alkohol oder Tabak?

Gut, dann werde ich nun mit der Befragung beginnen. Meine Klientin heißt mit Nachnamen Müller, richtig?

HP: Woher wissen Sie das?

• Ich hatte ja bereits mit ihr telefoniert.

HP: (Lächelt)

• Hallo Frau Müller, schön, dass Sie da sind.

(eigentlich wollte ich noch fragen, wie sie zu mir gekommen ist, selbst gefahren oder gebracht worden, aber das habe ich in der Aufregung vergessen).

Wir hatten ja bereits am Telefon darüber gesprochen, dass wir heute ein Erstgespräch miteinander führen. Ich werde Ihnen in diesem Gespräch eine Vielzahl von Fragen stellen. Damit ich mir ein umfassendes Bild von Ihren Beschwerden machen kann. Ich teile das Gespräch in zwei Teile:

• Der erste Teil wird ein unstrukturierter sein, indem ich Sie zu Ihrer aktuellen Problematik und Ihrer sozialen und Familiensituation befrage.
• Im zweiten Teil folgen dann noch weitere Fragen zur menschlichen Psyche. Ich hatte Ihnen außerdem bereits am Telefon gesagt, dass ich der Schweigepflicht unterliege; das heißt, alles, was wir hier miteinander besprechen, bleibt in diesem Raum. Sollte es nötig sein, dass ich Informationen an Dritte weitergeben soll, müssten Sie mich von der Schweigepflicht entbinden. Auch wenn es notwendig ist, dass ich von Ihrem Arzt Befunde einsehen soll, müssten Sie diesen von der Schweigepflicht entbinden. Die Information zum Datenschutz hatte ich Ihnen bereits ausgehändigt und Sie haben diese unterschrieben. Sollten Sie dazu noch Fragen haben, stellen Sie diese gern. Zudem haben wir ja bereits über den Behandlungsvertrag gesprochen und ich habe Ihnen diesen ausgehändigt. Auch wenn dazu Fragen sind, sprechen Sie mich bitte an.

(Hier hakt die Psychiaterin schon fleißig auf ihrem Zettel ab).

• Sie sind nun heute zu mir gekommen, weil Sie sich verzweifelt fühlen, weil Ihre Tochter seit einiger Zeit die Schule nicht mehr besucht?

Wie alt ist denn ihre Tochter?

Gab es dafür einen Auslöser?

(Die Psychiaterin hakt wieder ab)

Haben Sie mit Ihrer Tochter darüber gesprochen?

Sind Sie mit Ihrer Tochter deswegen schon beim Kinderarzt gewesen und haben abklären lassen, ob organisch alles in Ordnung ist?

(Nein.)

• Dann möchte ich Ihnen dringend empfehlen, dies nachzuholen.

(Irgendwie bin ich hier kurz in das Thema der Tochter abgerutscht, habe dann aber gemerkt, dass es hier ja gar nicht um die Tochter geht, sondern um die Mutter, also schnell die Kurve bekommen)

Aber heute soll es ja um Sie gehen und um Ihre Beschwerden. Sind Sie wegen Ihrer Sorgen schon beim Arzt gewesen?

Und werden da auch Blutuntersuchungen gemacht?

Sind andere Untersuchungen gemacht worden, unter anderem die Schilddrüsenwerte?

Sind sie deswegen regelmäßig unter ärztlicher Kontrolle?

(Ja, das bin ich.)

Dann frage ich nacheinander folgende Punkte ab:

• Psychische oder physische Erkrankungen bei der Klientin selbst (OP, Unfall, KH-Aufenthalte) oder in der engeren Familie (Eltern, Geschwister)

Hier hake ich kurz nach, ob die Mutter in Behandlung ist und ob die Depression der Mutter für die Klientin belastend ist.

Belastende Lebensereignisse in Kindheit und Jugend.

Soziale Situation?

Finanzielle Situation?

Hobbys?

Alkohol, Rauchen, Medikamente, Nahrungsergänzungsmittel, pflanzliche Beruhigungsmittel?

Schlaf?

Essen / Trinken?

Sexualität?

Aggressionen gegen sich selbst oder andere?

Suizidalität?

Ängste vor bestimmten Personen, Orten oder Situationen?

Beschwerden zirkadian wechselnd?

Anderes, was wir bisher nicht besprochen haben, von dem sie aber glauben, dass es wichtig ist, dass ich es weiß?

• So, den ersten Teil der Befragung haben wir geschafft. Ich stelle Ihnen nun noch einige Fragen zu verschiedenen Bereichen der menschlichen Psyche. Das hilft mir, mir ein umfassendes Bild von Ihren Beschwerden machen zu können. Sollten Sie inhaltlich etwas nicht verstehen, dann geben Sie mir bitte ein Zeichen.

• Bewusstsein, Aufmerksamkeit, Konzentration, Gedächtnis, Orientierung, Wahrnehmung, Denken (Formal, Wahn, Zwang), Antrieb, Affektivität, Ich-Störungen

(Auch hier hakt die Psychiaterin jede nachgefragte Elementarfunktion ab, es scheint also wirklich wichtig zu sein, dass das alles abgefragt wird, auch wenn einige Dinge offensichtlich nicht auf den Fall zutreffen.)

Dann frage ich die Symptome einer Depression nacheinander ab. Bis auf Schlaf- und Konzentrationsstörungen sowie Unruhe keinerlei Anzeichen für eine Depression. Ich hatte mir vor der Prüfung fest vorgenommen, die Befragung nicht von selbst zu schließen, sondern so lange weiterzufragen, bis die Prüfer mich unterbrechen, aber der Fall war so eindeutig, dass mir keine weitere sinnvolle Frage einfiel.

Also habe ich die Befragung geschlossen und gesagt, dass ich davon ausgehe, dass die Klientin eine Anpassungsstörung hat. Die Symptomatik spräche dafür (Angst, Sorge um Tochter, Konzentrationsstörungen, Schlafprobleme). Auch das Zeitkriterium passt. Ich sage weiter, dass ich auch eine depressive Episode abgeprüft habe, diese aber aktuell nicht feststellen kann aufgrund …

(hier zitiere ich, was der HP alles im Gespräch gesagt hat).

Kurze Stille.

Ich habe sie nach ihrem Berufsabschluss gefragt. Sie arbeitet als Kindergärtnerin, deshalb kann ich von einer normalen Intelligenz ausgehen.

Die hänge ich in die Patientenakte. Ich lege für jeden Klienten eine Patientenakte an, in der der Behandlungsverlauf dokumentiert wird. Die Akten bewahre ich in einem abschließbaren Aktenschrank auf. Nach Ablauf der Behandlung bewahre ich die Akte noch 10 Jahre auf, dazu bin ich verpflichtet. Danach entsorge ich sie, weil jeder Klient auch ein Recht auf Vergessen hat.

Ich würde ihr eine Verhaltenstherapie empfehlen. Dazu kläre ich sie darüber auf, dass sie sehr wahrscheinlich einen Anspruch auf eine von der GKV finanzierten Therapie bei einem psychologischen Psychotherapeuten hat, denn bei mir müsste sie die Behandlung privat bezahlen. Ich würde ihr außerdem sagen, dass es sinnvoll sein kann, ein Entspannungsverfahren, wie AT oder PMR zu erlernen. Hier könnte ich sie unterstützen, weil ich Entspannungsverfahren anbiete.